Ich darf vorab erwähnen, dass ich im Bezirk Kitzbühel geboren und aufgewachsen bin. Sport war und ist vor allem in diesem Bezirk Pflicht und Kür. Zu jenen Zeiten, als die „Streif“ noch natürlicher, wenn auch gepresster Schnee war, wurde sie nach der Abfahrt für alle geöffnet. Als damalige Volksschülerin ließ ich es mir nicht nehmen, ich kam in das Ziel. Warum? Im Steilen haben Menschen Angst, entledigen sich der Schier und haben eine Rodelbahn. Ein Kapitalfehler wie man weiß. Ich bin ins Ziel gekommen und dachte: „Nie wieder! Was denn sonst noch beweisen?“
aus „Monster des Alltags“ von Christian Moser
Zum Thema Trauma nach schweren Sportunfällen kam es bei der heurigen Österreichischen Radrundfahrt bei der Abfahrt vom Großglockner zu einem Todesfall. Ein junger Athlet aus Norwegen wurde am Rad ohnmächtig, fiel und kam ums Leben, Blutdoping wird diskutiert.
Unfälle verursachen, sofern man sich daran erinnert und diese überlebt, Narben in der Seele der Menschen. Der Weg zurück in die sogenannte Normalität dauert. Angaben hinsichtlich der Zeit, wie lange etwas dauert, wie lange der Weg zurück ist und was zurück bedeutet, können nur individuell beantwortet werden. Denn Menschen haben unterschiedliche Möglichkeiten der Unterstützung, an Ressourcen, auch im psychotherapeutischen Bereich, in Form von Selbsthilfegruppen (SHG) oder anderem, wie Freunde und Familie.
Der kapitale Sturz von Hans Grugger ist mir noch sehr gut in Erinnerung. Ich hatte Karten als Zuseherin und war genau dort. Ich spreche Dank an alle, die hier geholfen haben. Vor allem aber kenne ich den damaligen Turnusarzt. Er war der Erstretter. Den Namen verrate ich nicht, allerdings hat sich Hans sehr viel später erinnert. Dazu gibt es ein Interview, wer es war. Warum ist dies wichtig? Dieser junge Mann besuchte das selbe Gymnasium wie ich. Wir kennen ihn persönlich. Mein Respekt für diesen Arzt.
Wie geht Verarbeitung eines Traumas oder mehrerer Traumata? Es benötigt zunächst eine Stabilisierungsphase, die Wiederherstellung der körperlichen Integrität. Die Auseinandersetzung mit dem Trauma geht im Gleichklang mit Entwicklung und Zulassen von Erinnerungen in dosierter, erträglicher, gut dosierter Form. Ein sich Zuschreiben eines schuldhaften Verhaltens ist ein ungünstiger Ratgeber.
Der allerletzte Schritt dieses Prozesses ist die Trauma-Konfrontation. Im Fall eines schweren Unfalls wäre dies zum Beispiel: das Wiederaufsuchen des Unfallortes. Damit beginnt ein neuer Lebensabschnitt, eine Befreiung und eine Relativierung.
Wer an einer Selbsthilfegruppe für Schädel-Hirn-Trauma in Tirol interessiert ist und mitmachen möchte, kann sich bitte bei mir melden Tel: 0676/500 62 38. Ich bin Fachärztin für Psychiatrie und Psycho-therapeutische Medizin, Psychotherapeutin und Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin (DGKP). Gerne würde ich meine Ordination für diese Gruppe zur Verfügung stellen.
Dr. med. univ. Michaela Honeder, Innsbruck
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